Neuer Rollrasen, wenn der alte schlapp macht?

In den letzten Dezembertagen des Jahres 2019 hatte der Stadtmeisterschafts-Rollrasen seinen letzten großen Auftritt. Seitdem lagern die 20 rund 150 Kilogramm schweren Bahnen in einem eigens angeschafften Container an der Nordseehalle. Wie er die inzwischen enorm lange Pause überstanden hat, ist offen. Peter Bartsch, Vorsitzender des Stadtsportbundes (SSB) Emden: „Da ich in der Funktion als SSB-Vorsitzender leider noch keine einzige Hallen-Stadtmeisterschaft erleben durfte, würde ich mir den Zustand beim nächsten Turnier zusammen mit den Ausrichtern einmal genauer anschauen und dann werden wir sehen, ob eine weitere Nutzung noch möglich und vor dem Hintergrund des Verletzungsrisikos vertretbar ist – oder ob es bereits Zeit für eine Neuanschaffung ist.“

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Die Stadtmeisterschaft enorm aufgewertet.

Das 2012 für 44.500 Euro angeschaffte, transportierbare Geläuf hatte einerseits die Fußball-Stadtmeisterschaft enorm aufgewertet, war andererseits aber auch als Wintertrainingsfläche für Fußballer und Hockeymannschaften eingesetzt worden. Dazu hatte der SSB seinerzeit in die Anlage des Rollsportclubs (RSC) investiert, wo nach der Stadtmeisterschaft der Kunststoffrasen ausgerollt wurde. Inklusive Beleuchtung und abnehmbarer Planen beim RSC summierten sich die Kosten sogar auf rund 70.000 Euro.

Während der heißen Phase der Corona-Pandemie ruhte der Sportbetrieb, die Stadtmeisterschaft fiel aus und die wertvolle Auslegeware wurde beim RSC gar nicht erst ausgebracht. Und in diesem Jahr scheiterte der Einsatz des Rollrasens als Wintertrainingsfläche am Bedarf – der war nämlich kaum vorhanden. „Beim RSC Emden wurde er in diesem Winter nicht ausgelegt, da kein entsprechender Bedarf seitens der Vereine angemeldet wurde, der den hierfür erforderlichen Aufwand gerechtfertigt hätte“, teilte Bartsch auf Anfrage mit. Der Kunststoffrasen muss dafür jedes Mal von einer Spedition von der Nordseehalle zum RSC in die Pillauer Straße transportiert werden. Doch die Wintertrainingsfläche dort scheint schlicht nicht mehr gebraucht zu werden.

Mit der Fertigstellung des großen Kunstrasenplatzes im Herrentorviertel habe das Interesse an der überdachten Fläche beim RSC nachgelassen, bestätigt auch SSB-Chef Peter Bartsch. Der mobile Rollrasen war auch angeschafft worden, weil Emden Anfang der 2010er Jahre noch keinen echten Kunstrasenplatz hatte. Inzwischen sind es zwei. Auch der TuS Rot-Weiß Emden hat nämlich einen gebaut – und vermietet ihn zum Beispiel für Trainingseinheiten an andere Vereine.

Die inzwischen verbesserte Sport-Infrastruktur in Emden stellt den SSB womöglich bald vor ein Dilemma. „Erfahrungsgemäß ist davon auszugehen, dass der Kunstrasen (gemeint ist der mobile Rollrasen, Anm. der Redaktion) nach maximal 15 Jahren seine Lebensdauer erreicht hat, so dass wir in den kommenden Jahren sicher über einen Austausch sprechen müssen“, sagt Bartsch. Der Rollrasen gilt Fußballern inzwischen als fast unverzichtbarer Teil der Stadtmeisterschaft. „Die Verletzungsgefahr hat sich reduziert und Rasen plus Tribünen sorgen in der Nordseehalle für echte Stadionatmosphäre“, sagt Bartsch: „Das ist ein Standard, den wir nicht zurückschrauben wollen.“

Wie opportun ist die Investition politisch?

Der Rollrasen war 2012 allerdings explizit auch angeschafft worden, um bessere Trainingsmöglichkeiten im Winter zu schaffen. Ist dieser Bedarf nicht mehr vorhanden, müssten Stadt und Stadtsportbund spätestens in vier Jahren, wenn das jetzige Geläuf sein Lebensende erreicht hat, erneut mehrere Zehntausend Euro in die Hand nehmen – für einen Rollrasen, der nur einmal im Jahr benötigt wird. Politisch dürfte das in Zeiten von Millionen-Defiziten im Haushalt nicht gerade opportun sein.

Doch tatsächlich hat der SSB schon etwas vorgesorgt. Man habe bereits Rücklagen gebildet, betonte Bartsch. Und auch Angebote für einen neuen mobilen Rasen hat der Stadtsportbund vorsorglich eingeholt. Die variierten allerdings enorm im Preis.

So oder so: Aus der Portokasse kann der Emder Sport den Rollrasen nicht zahlen, selbst, wenn er sich einig wäre. Die Stadt müsste helfen. Überwiegend werde der Rasen wohl für die Stadtmeisterschaft benötigt, glaubt auch Bartsch. „Es sei denn, es gäbe noch ein weiteres Event, bei dem man ihn einsetzen kann.“ Das ist bisher zwar nicht in Sicht, würde die Investition aber sicher schmackhafter machen.

Quelle: Emder Zeitung vom 10.02.2023
www.EmderZeitung.de