In der Markus-Kita gehört Wassergewöhnung zum Lehr- und Spielplan
Sedat, Lucia, Rieke, Liska und Jolina schwimmen 25 Meter weit, ohne sich irgendwo festzuhalten. Sie holen auch einen Ring vom Beckenboden hoch und springen mit Anlauf und voller Inbrunst vom Drei-Meter-Brett – obwohl das Springen gar keine Pflichtaufgabe für ihr erstes Schwimmabzeichen ist. Alle fünf Kinder haben jetzt ihr Seepferdchen geschafft, was nicht so sehr ungewöhnlich für Vier- bis Sechsjährige ist. Ungewöhnlich ist aber, dass sie das mit ihren Erzieherinnen vom Kindergarten gemacht haben. In der Kita der Markus-Gemeinde im Herrentor gehört die Schwimmausbildung seit einiger Zeit zum Lehrplan.
Das ist sogar so ungewöhnlich, dass Jan Junker, der als Verbindungsmann vom Stadtsportbund Hallen- und Sportplatzzeiten für Vereine und Schulen organisiert, zunächst gar nicht wusste, ob und unter welchen Voraussetzungen er Schwimmbadzeiten an die Kita abgeben darf. Bis dahin stand nur der Wille von Kita-Leiterin Sigrid Kerkhoff fest, die Kinder angesichts der immer größer werdenden Anzahl von Nichtschwimmern unbedingt ans Wasser gewöhnen zu wollen.
„Ich habe dann beim Land nachgefragt, welche Bedingungen dafür erfüllt werden müssen”, sagte Junker. Für Kitas gibt es noch keine Vorschriften, aber für die Schule. Also nahm er die zum Maßstab, letztlich sei er ja auch verantwortlich dafür, wenn etwas passiere. Das deutsche Rettungsschwimmabzeichen in Bronze ist ein Muss, ab 15 Kindern müssen zwei Personen Obacht geben.
Personell ließen sich diese Bedingungen an der Kita schnell organisieren, weil auch die Eltern mit an Bord sind. Sie bilden Fahrgemeinschaften, bringen die Kinder zur Friesentherme und ziehen sie auch vor und nach der Schwimmstunde um. Sigrid Kerkhoff und ihre Kollegin Marita Spannhoff eilen derweil nach dem Schwimmen schnell wieder in die Kita zurück, um die Kinder dort in Empfang zu nehmen. Zwölf Kinder sind es in der Regel, also eine ganze Kita-Gruppe.
Ein größeres Problem stellte anfangs nur der Rettungsschwimmer-Schein dar. „Frau Kerkhoff ist aber sehr zielstrebig”, sagte Jan Junker. „Sie hat dann an einer zertifizierten Qualifizierungsmaßnahme für Schulen teilgenommen und Bronze gemacht.” Eine Maßnahme im Übrigen, die kein Pappenstiel ist, wie Sigrid Kerkhoff andeutete. „Mit 55 Jahren noch mal zwölf Meter tief zu tauchen, war nicht ohne.”
Seit einem Jahr nun stehen jeden Donnerstagmorgen von 9 bis 10 Uhr Wassergewöhnung und Schwimmenlernen auf dem Kita-Stundenplan. Auch weil alle daran interessiert sind, dass die Kinder so früh wie möglich Schwimmen lernen, wie Sigrid Spannhoff sagte. „Es ist eine tolle Zusammenarbeit mit Jan Junker, den Eltern und der Friesentherme.”
Die Kinder indes lieben ihre Donnerstagsstunde, sagte Sigrid Kerkhoff. Dabei käme es auch entscheidend auf die Regelmäßigkeit an. Und vor allem darauf, dass die Kinder gemeinsam mit ihren bekannten Kita-Freunden schwimmen lernen. „Es hat so etwas von Dorfteich”, sagte Sigrid Kerkhoff. „Da klappt das Schwimmenlernen so gut, weil es spielerisch ist und der Ansporn unter Freunden größer ist als im fremden Schwimmkurs.” Und ganz nebenbei zögen die Kita-Kinder ihre Eltern in ihrer Schwimmbegeisterung gleich mit.
Im Lehrplan der Grundschulen steht als Ziel, in der 4. Klasse schwimmen zu können, sagte der Schulsportfachberater Jan Junker. Das wird aber seit Jahren in Emden nur zu 80 Prozent erreicht. Inzwischen haben deshalb die Oberschule Wybelsum und das Johannes-Althusius-Gymnasium „Nicht-schwimmer-Klassen” eingerichtet. Sie böten eigenen Schwimmunterricht an. Auch das Max-Windmüller-Gymnasium starte nach den Sommerferien mit einem Schwimmkurs, wie Junker sagte.
Die Kinder der Markus-Kita haben das jetzt nicht mehr nötig, da sie sich schon vergleichsweise sicher über Wasser halten können. Für Liska und Jolina, die nach den Ferien in die Grundschule kommen, steht auch schon das nächste Ziel fest. Sie wollen mit ihrer neuen Schulklasse unbedingt das nächste Schwimmabzeichen machen. Das versprachen sie Jan Junker ganz fest.
Quelle: Emder Zeitung vom Samstag, 7. Juli 2018, Seite 6
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