Kickers Emden – Brutales Pressing und botanisches Beauty-Programm

Riesselmanns Plan für Kickers Emden – Fußball-Unternehmer skizziert im Gespräch seine „Roadmap“.

Wer mit Henning Riesselmann spricht, merkt schnell: der Mann ist schnell – nicht nur verbal, sondern auch im Kopf. Anfang Mai hatte er im Interview mit dieser Redaktion angekündigt, mit Kickers Emden einen Fünfjahresplan zu erstellen. Nur zwei Wochen später nimmt der bereits konkretere Formen an. Mannschaft, Spielstil, Infrastruktur, Sponsoren – Rießelmann hat klare Vorstellungen, wohin die Reise gehen soll.

Seine Euphorie scheint ansteckend zu sein. Im Verein herrscht nach Monaten des Durchhaltens dem Vernehmen nach große Zuversicht – und das, obwohl Kickers nach dieser Saison wieder in die Oberliga absteigt. Mehr als 1000 Zuschauer besuchten zuletzt das Heimspiel gegen Atlas Delmenhorst. Wie erzeugt man angesichts eines sportlichen Rückschritts so eine Aufbruchstimmung? „Das ist relativ einfach, wenn du ein gutes Netzwerk mitbringst und ein klares Konzept hast“, sagt der strategische Partner des BSV, der hauptberuflich die Sportagentur onside führt. Aber wie sieht dieses Konzept eigentlich aus?

Rießelmann, der selbst als Trainer und Sportlicher Leiter BW Lohne in die Regionalliga führte, hat klare Vorstellungen davon, wie Kickers in der kommenden Saison spielen soll.

Der Fußball

„Wir wollen emotionalen Fußball sehen. Vorne brutal ins Pressing gehen und einen hohen Wiedererkennungswert schaffen“, sagt der 40-Jährige. Dass das kein Hirngespinst ist, zeigt die bereits jetzt fortgeschrittene Kaderplanung. Eine Mischung aus 13 Spielern, darunter Führungsspieler wie Tido Steffens und Bastian Dassel, ein halbes Dutzend teils hochkarätiger Neuzugänge und Nachwuchsspieler hat bereits für die kommende Saison zugesagt. Die Zielmarke: 20 Spieler plus drei Torhüter.

„Wir machen aber keine wilden Sachen“, verspricht Rießelmann. Soll heißen: Man gibt nur so viel Geld aus, wie man zur Verfügung hat. „Wir haben schon drei, vier Unterschied-Spieler geholt, aber am Ende wird der Kader eine ausgewogene Mischung haben und vom Etat her vergleichbar sein mit Konkurrenten wie Spelle, Delmenhorst, Rehden, Heeslingen oder Wolfsburg.“ Dennoch scheint klar: Mit einer solchen Mannschaft will man nicht dauerhaft in der Oberliga spielen – sondern höher.

Das Geld

Aber auch für so einen Kader wird Geld benötigt. Und davon hat Kickers bekanntlich nicht zu viel. Aus der laufenden Saison wird man laut Vorstand mit einem Minus von rund 50.000 Euro gehen. Die Regionalliga war eine extreme Kraftanstrengung für Kickers. Die Gesamtschulden sollen sogar in einem weitaus höheren, sechsstelligen Bereich liegen, heißt es aus Vereinskreisen. Aktuell arbeiten der Verein, sein Wirtschaftsbeirat und Rießelmann daran, die bestehenden Verbindlichkeiten aus der Welt zu schaffen. Das sei Ehrensache, so der Fußball-Unternehmer. Ziel des Ganzen: Mit einem weißen Blatt Papier neu anfangen, die Flamme für Kickers bei alten Partner neu entfachen und neue ins Boot holen. Hier wird der exzellent vernetzte Rießelmann wohl einige Kandidaten mitbringen.

Die Infrastruktur

Der Rasen im Ostfriesland-Stadion ist schon seit Drittliga-Zeiten berühmt-berüchtigt. Die Buckelpiste, auf der sich bei Regen gerne Seenlandschaften bilden, wird – ebenso wie die Trainingsplätze – eine Frischzellenkur erhalten. Einen professionellen Aufsitz-Spindelrasenmäher hat Rießelmann bereits mitgebracht – und auch schon persönlich gemäht. Als Organisator von Trainingslagern für Profi-Clubs wie Liverpool, Dortmund oder Werder Bremen verfügt er über einen entsprechenden Fuhrpark – und das nötige Knowhow. „Einmal längs, einmal quer gemäht. Das ist ja sozusagen mein Beruf“, sagt Rießelmann und lacht.

Außerdem steht auf dem botanischen Beauty-Programm: Schneiden, striegeln, begradigen, sähen, bewässern. Das macht allerdings nicht Rießelmann; eine professionelle Firma hat bereits die Arbeit aufgenommen und bringt die Plätze beim BSV auf Vordermann. Die ganz große Sanierung inklusive neuer Drainage und Bewässerungsanlage will Rießelmann dann 2024 durchziehen. Dafür stünden aktuell auch noch städtische Fördergelder bereit, die Kickers im vergangenen Jahr nicht abrief, weil die bereits angedachte Platzsanierung verschoben werden musste.

Unterdessen hat aber auch eine Schar von Ehrenamtlichen die Arbeit auf und am Vereinsgelände aufgenommen. Rasenexperte Rießelmann hat Helfer auf dem neuer Mäher eingewiesen, parallel werden Reparaturen und kosmetische Eingriffe am Stadion vorgenommen. Auch auf dieser Vereinsebene ist offenbar die neue Aufbruchstimmung zu spüren.

Quelle: Emder Zeitung vom 19.05.2023
www.EmderZeitung.de